, Colin Clark Meine Woche mit Marilyn. Eine wahre Geschichte
aus dem Englischen von Bernadette Ott
SchirmerMosel

Ob es nun wirklich eine wahre Geschichte ist, wie der Titel verheißt, oder bloß die Ausgestaltung eines harmlosen Jungentraums, der überdies auch noch verfilmt worden ist, das spielt bei diesem Buch gar keine Rolle. Es ist ein charmantes Capriccio im Leben eines jungen Mannes, der sich in seinem Leben offenbar noch nicht endgültig festgelegt hat, und der darum einen Filmjob als dritter Assistent von Laurence Olivier angenommen hatte, weil sein Vater befreundet war mit dem großen Filmstar. Olivier hatte nicht nur die männliche Hauptrolle, er führte auch Regie in dem Film The Prince and the Showgirl (Der Prinz und die Tänzerin, England 1957), der nach einem Theaterstück gedreht wurde, in dem Olivier ebenfalls die Hauptrolle innegehabt hatte, die weibliche Hauptrolle aber seine Frau Vivien Leigh. Deren Part im Film war Marilyn Monroe zugedacht. Ein erster wirksamer Reklamecoup. Colin Clark hatte gerade sein Studium abgeschlossen, und er war ein stetiger Tagebuchschreiber. Publiziert wurde dieser erweiterte Auszug seines Tagebuchs erst über vierzig Jahre später, und nun ist es auch bei uns erschienen.

Marilyn Monroe hatte 1955, erläutert das Vorwort, einen neuen Vertrag ausgehandelt und wollte nun seriösere Rollen spielen, um zu zeigen, dass sie auch das konnte. Für Colin Clark war sie nicht nur die berühmteste Frau der Welt zu dieser Zeit, sie war auch vollkommen anders als all die Prominenten, die er zuvor schon gesehen hatte. Und ihm fiel es im Rahmen der Dreharbeiten zu, die Monroe zu betreuen. Eine heikle Mission, denn auch Olivier hatte einen besonderen Ehrgeiz bei diesem Film, zum Beispiel, außer berühmter Theater-Schauspieler auch noch großer Filmstar zu werden und sich als fähiger Film-Regisseur zu erweisen.

Von Anfang an lief alles irgendwie schief – die Mitglieder des britischen Teams waren nicht nur ablehnend gegenüber allem, was amerikanisch war, sie straften die Monroe überdies gerne mit Nichtachtung, um ihre Unabhängigkeit zu zeigen; Olivier ärgerte sich über Monroes Launen, über ihre mangelnde Pünktlichkeit und über die Leute, die die Monroe als Begleitung mitgebracht hatte. Dazu auch noch der berühmte Dramatiker Arthur Miller, den die Monroe vier Wochen zuvor geheiratet hatte. So hatte Clark allerhand zu beobachten in diesen paar Tagen, und was er da festgehalten hat, ist herrlich: Schilderungen aus dem Herzen der Großwichtigkeit, wo eine hungrige Schar lauernder Diener-Typen ihr Beutestück, in diesem Fall die berühmteste Frau der Welt, umlagern und eifersüchtig gegeneinander abzuschirmen versuchen: der Produzent des Films, der Manager, der Agent, die eigens mitgebrachte Coach-Frau Paula Strasberg, der Hauswart und Chauffeur, und dagegen der frischgebackene Ehemann, Arthur Miller, der irgendwie gleichgültig scheint, und der andere Star des Films, der ihr mit Abschätzigkeit begegnet und damit den Ruf bzw. das Vorurteil bestätigt und verfestigt, dass Marilyn nur seichte Rollen spielen kann. Mittendrin unser Erzähler, dem die Ränke und Machtspiele in der Welt des Show-Biz-Geldes bisher gänzlich fremd waren, so dass er vorbehaltlos die ganz besonderen Instinkte der Spezies „Film-Schaffender“ schildern kann. Neben den Psychogrammen der Kleinen ist es die Beobachtung der zwei Großen, Oliviers und der Monroe, die ihrerseits gefangen sind in ihren Vorurteilen und Komplexen, ihrem jeweiligen Ehrgeiz und den Verpflichtungen, die sie sich selbst gegenüber schuldig zu sein glauben. Es entwickelt sich die charmante Liebesgeschichte des jungen Mannes zu einer anbetungswürdigen Frau, die ihrerseits bei ihm alle Schutzmechanismen und Verhärtungen fallen lassen kann, während sie im Übrigen ihren stählernen Willen durchzusetzen sucht oder aber alles im Nebel der Betäubungsmittel versinken lässt. Ein Buch, das leicht und unbeschwert eine ganz unbedeutende, aber liebenswerte Begebenheit erzählt.

ISBN 978-3-8296-0599-1

http://www.schirmer-mosel.de/homed1/pdf/PM_Clark_Marilyn.pdf