, Hans Pleschinski Ludwigshöhe

Drei Geschwister haben ein großes Erbe in Aussicht, müssen aber dafür, als Bedingung, eine Art Hospiz für Lebensmüde einrichten. Im Süden von München, auf der „Ludwigshöhe“, gründen sie diese Institution. Die ersten Sterbewilligen treffen ein, und die drei Geschwister träumen schon von sagenhaften Besitztümern. Aber dann kommt es doch anders: Die Lebensmüden leben auf. Freundschaften geben neuen Sinn, gegenseitige Hilfe schafft Solidarität. Ein als „Henkersmahlzeit“ geplantes opulentes Diner bringt eine endgültige Wende.

Was war bei den Einfällen wichtiger, Zeitkritik oder Tragikomik?

Das Zusammentreffen unterschiedlicher Menschen, die Erbschaft mit Auflage – das ist eine erkennbare Versuchsanordnung, deren Subtilität in der Anlage der Charaktere besteht: Es versammelt sich in dem etwas heruntergekommenen, einst herrschaftlichen Haus eine Reihe von Lebensmüden aus allen möglichen Milieus. Der Tod ist nach wie vor ein Thema, das schnell mit heiklen Tabus besetzt wird, die ihrerseits die klassischen Reflexe der Situationskomik heraufbeschwören. Auf der Ludwigshöhe prallen nicht nur Personen mit gegensätzlichem Habitus aufeinander, sie wollen ihr Leben beenden und befinden sich darum alle am Rand einer existenziellen Extremsituation: Die Kioskbesitzerin mit Stadtlärm-Phobie, der Bühnenbildner, dessen Arbeit niemals gesehen wurde, die flüchtige Muslima, die unglücklich verliebte und verlassene Domina, die ausgebrannte Lehrerin, der überschuldete Verleger. Im Kaleidoskop der einzelnen Blickwinkel auf die Welt, auf unsere Welt im wirtschaftlich und intellektuell erschlaffenden Deutschland breitet uns Pleschinski seine Sicht auf die Dinge aus: Mal spricht er uns mit seinen Beobachtungen aus dem Herzen, mal ergeht er sich im manierierten Ton eines Snobs, in beiden Tonlagen bleibt er amüsant, und obwohl sich ihm oft die Gelegenheit dazu böte, ist er kaum boshaft; vielmehr beseelt ihn eine gewisse, wenn auch gelegentlich ironisch gebrochene, liebevolle Anteilnahme am Schicksal seiner Figuren.

Wie ist einem Autor so zwischen Entsetzen und Groteske?

Ein Gesellschaftsroman? Ein München-Roman? Ein zeitkritischer Roman der deutschen Wohlstandsgesellschaft aus der Epoche von Harz IV? Was hat ihn mehr gereizt: Die mögliche Situationskomik seiner Versuchsanordnung oder die Zeitkritik? Von der Anlage her könnte es der Versuch eines Remake von Thomas Manns Epochenroman „Der Zauberberg“ sein, aber Hans Pleschinski verwahrt sich dagegen: „Kein Schriftsteller wird so doof sein, den Zauberberg imitieren zu wollen.“ Ein bisschen von all dem ist Hans Pleschinskis Roman „Ludwigshöhe“ auf jeden Fall, was ihn aber auszeichnet, ist sein Tonfall, der Sinn für morbide Komik und charmante Aperçus.

Ist „Ludwigshöhe“ also ein Gesellschaftsroman, oder ein München-Roman?

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