
Verlag Hoffmann & Campe
Der Text ist geschrieben im Ton eines Wutanfalls, eines zornigen Ausrufs, dessen Faszination vor allem in seiner Intensität und seiner Wortgewalt besteht. Es ist eine Tirade gegen das konventionelle Funktionieren der Gesellschaft, gegen Regeln, die nicht mehr überprüft werden, gegen Verhältnisse, für die keiner mehr kann. Dabei analysiert sie nicht, was sie für falsch oder kaputt hält und führt auch nicht irgendwelche Beweise oder Gründe ins Feld – sie buchstabiert gewissermaßen bloß nach, was ihr als wertvoll vorgehalten oder vorgemacht wird, um es damit als absurd bloßzustellen. Nicht Argumente, sondern ätzende Nachahmung ist ihre Angriffsform.
Haben Sie sich für dies Buch, für diesen Wutschrei einer jungen Frau erst in eine besonders gereizte Stimmung gesteigert, um diesen intensiven Ton zu treffen?
Sich selbst nimmt diese Stimme keineswegs aus von dieser grundsätzlichen Ablehnung von allem und jedem. Da könnte sie bei einem Freund etwas Geborgenheit, etwas Wärme gefunden haben, aber auch das hinterfragt sie, bis nichts mehr übrig bleibt.
Manche Stich- und Schlüsselworte sind in Anführungszeichen gesetzt – „verliebt“, „Sex“, „zum ersten Mal“ – ist das Misstrauen?
Wer Bücher unbedingt einordnen will, könnte Antonia Baums Roman als einen existentialistischen Aufschrei deuten, als ein Echo Thomas Bernhards, wenn wir es hier nicht mit einer vollkommen aktuellen Sprache zu tun hätten. Das ist im Tonfall von heute verfasst, so dass der Vergleich nicht passt. Trotzdem betont Antonia Baum, wie gern sie Thomas Bernhard lese. Das kann sie tun, weil ihr Buch eine ganz andere, heutige Wucht hat, die ein nachempfundener Ton nicht entfalten könnte.
Wie lange braucht man, um sich in solch eine Haltung hineinzuversetzen? Ging das leicht vonstatten?
Nach dem Lesen dieses Buchs rechnet man eher mit einem generell ablehnenden, sperrigen und unfreundlichen Menschen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Zumindest scheint es so.
Wie fern oder nah ist Ihnen diese Stimme oder Figur?
ISBN: 978-3-455-40296-4
http://www.hoffmann-und-campe.de/go/vollkommen-leblos-bstenfalls-tot